Warum gibt es so ein Teleskop nicht? Astrophotography Germany · Markus Gorski · ... · 6 · 255 · 0

Astrokles 1.81
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Hallo zusammen,

wir alle schlagen uns ja immer wieder mit den Problemen der Krümmung, der Neigung und des Abstandes des Bildfeldes herum. Deswegen gibt es dann irgendwelche Flattener, Verkippungsadapter, Abstandshülsen, Distanzringe usw...
Warum gibt es keine Teleskope mit fest verbauter Kamera, wo Abstand und Neigung eingestellt sind und wo der Bildsensor entsprechend der Bildfeldwölbung gekrümmt ist?
Abstandsprobleme durch Temperaturunterschiede könnten durch entsprechende feine Justiermöglichkeiten ausgeglichen werden, dafür braucht es aber keinen Fokussierer mehr.
Bestimmt gibt es solche Gedanken schon, mich interessiert, warum diese noch nicht meim Bau der Geräte entsprechend realisiert werden.
Was denkt ihr darüber?

Herzliche Grüße,
Markus
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Staring 4.40
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Da gibt es eine ganze Reihe Gründe:
Es ist einfacher, die Bildebene flacher zu machen, als einen gekrümmten Sensor herzustellen - sonst hätte sich das ja auch bei den DSLR/DSLM durchgesetzt. Frühere Schmidtkameras hatten z. B. gebogene Filmaufnahmen. Die Toleranzen für die Kameramontage sind dann sehr gering - das lässt man also lieber den Kunden machen, bzw. wäre es extrem aufwendig, das transportsicher hinzubekommen. Außerdem haben viele ja mehrere Teleskope, die sie mit der selben Kamera verbinden möchten - in Deinem Vorschlag wäre die Kamera aber nur für genau dieses eine Teleskop geeignet. Die Abstandsänderung durch Temperaturdrift müsste ausgleichbar sein, das sind teilweise nicht ganz unerhebliche Distanzen auch innerhalb einer Nacht - um einen OAZ kommt man also trotzdem nicht herum. Wenn ich dann noch sehe, dass die meisten Kamerahersteller es noch nichtmal hinbekommen, ihre Gewinde so sauber zu fräsen, dass es nicht zu Verkippungen kommt…

Bei Spiegelteleskopen geht es gar nicht, weil man die ja justieren können muss und sich dadurch die Spiegelabstände ändern und sich somit auch der Abstand zum Korrektor ändern muss.

Wenn einem das Anpassen des Sensor-Korrektorabstands zu aufwendig ist, sollte man sich ein Petzval-Teleskop zulegen: Durch das 4- (mittlerweile teils 5-)linsige Design ist die Bildebene flach und es ist kein bestimmter Abstand zum letzten Linsenelement einzuhalten, bzw. der Fokus liegt automatisch im korrekten Abstand, da nur der Sensor bewegt wird und nicht die hinteren Optikelemente. Man muss da aber genau hinschauen, teilweise werden Teleskope als „Petzval-like“ verkauft, die nur herkömmliche Doublets oder Triplets mit fest im OAZ verbautem Flattener sind - dann muss man wieder auf den Arbeitsabstand schauen. Petzval gibt‘s momentan von William Optics (RedCat), Askar (PHQ, evtl. einige FRA, die Beschreibung ist da nicht exakt), Tele Vue (NP), Takahashi (FSQ) und TS (SDQ, einige der XXXQ). Die Korrektur ist im Allgemeinen etwas schlechter als vergleichbare Triplett-Flattener-Kombinationen (Ausnahmen bei guter Kollimation zumindest Askar 107PHQ, Takahashi FSQ106 und das WO RedCat 51) und sie scheinen aufgrund des großen Linsenabstands mit kleinen Toleranzen anfälliger für Dejustage zu sein.
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GalacticRAVE 5.87
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Hallo Markus,

das gibt es (bis auf die gekrümmten Sensoren - siehe unten), nennt sich Teleobjektiv. Alles sehr standardisiert und mit den Präzisionsanforderungen des consumer markets.

Das Problem im Astrobereich ist, a) eine deutlich größere Variation an Designs (auch wenn vieles sich ebenfalls versucht den Photostandard von 55mm backfocus einzuhalten) b) höhere Anforderungen in der optischen Qualität und damit auch der Feinabstimmung. Fertigungstoleranzen sind da ein großes Thema. Im wesentlichen lässt Du für geringe Fertigungstoleranzen Dein Geld wenn Du zu Takahashi und Co gehst (oder z.B. zu Hasselblad im Photobereich). Bei üblichen SCT werden z.B. Korretorplatten und Spiegel in Masse hergestellt, und dann wird geschaut, welche Teile besonders gut zueinander passen (und wie man die Korrektorplatte drehen muss). Keine 2 SCTs haben die gleiche Brennweite, ändert sich um mm. Kleinere Unterschiede lassen sich aber durch die mechanische Feinabstimmung einfach korrigieren/optimieren während ein "fixed" Setup sofort die Qualität ruiniert. Dazu kommen dann noch Umwelteinflüsse (insbesondere Temperatur). In extremen Lagen musst Du alle 30 Minuten nachfokussieren. Ein RASA schaust Du einmal scharf an und wenn Du zu kräftig ausatmest darfst Du es  wieder kollimieren....

Gekrümmte Sensoren: Gekrümmte CCD sind ein heisses Thema im professionellen Bereich, da man damit kompaktereInstrumente bauen könnte. Spart Gewicht und Platz - und das sind sowohl am Boden (ELT-Instrumente haben Lagerhallenformat) wie auch im Weltraum (jedes Kilo zählt) mittlerweile entscheidende Faktoren. Aber das ist derzeitiges R&D, d.h. die gibt es so noch nicht. Die Detektoren im Amateurbereich sind aber "Abfallprodukte" aus anderen großvolumigen Sparten (z.B. Rückfahrkameras in Autos, Überwachungskameras etc). Solange dort nicht die Notwendigkeit für gekrümmte Sensoren in signifikanter Zahl besteht, wird daraus nichts.

Matthias
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Astrokles 1.81
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Danke für die Antworten!
Ich dachte mir schon, dass es zu wenig Flexibilität nach sich ziehen würde...
Daran, dass sich bei der Justage von Spiegelteleskopen ständig Parameter verändern, habe ich gar nicht gedacht...
Geringe Fertigungstoleranzen sind natürlich immer ein Thema, aber gegen Einwurf kleiner Münzen (von denen zumindest ich nicht genug hätte ...) ließe sich da bestimmt etwas machen, dachte ich...
Klar möchte ich mal  Kamera und Teleskop wechseln, aber es gibt ja in allen Bereichen All-In One-Geräte, die für diejenigen gut sind, die sich mit all dem Drumherum nicht groß beschäftigen mögen.

Ich selbst habe keine Probleme damit, viel Zeit zu investieren, um all die Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die sich in der Astrofotografie ergeben können (obwohl ich auch erstmal lernen musste, das zu akzeptieren). Inzwischen gehört es dazu und macht auch Spaß !

Herzliche Grüße,
Markus
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kuechlew 7.75
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Neue Sensor-Technologie: Curved-Sensor geht in Massenproduktion (photografix-magazin.de)
Curved Sensors – 12/30 – Die große Objektivreihe 2.0 - KROLOP und GERST (krolop-gerst.com)

"All-in-One"-Pakete gibt es ja inzwischen von Unistellar und Vaonis. Aus meiner Sicht ist das EAA, man könnte es aber auch als Einsteiger-Level Astrofotografie bezeichnen. Der Übergang ist da inzwischen fließend. Ich würde erwarten, dass es in absehbarer Zeit mehr Komplettpakete im Einsteigersegment gibt. ZWO ist da ein heißer Kandidat. Mit ASIAIR und der neuen AM5 Montierung liegt es ja geradezu auf der Hand Komplettlösungen anzubieten.

Ein noch nicht benanntes Problem einer festen Kombination besteht aus meiner Sicht darin, dass Sensoren weiterhin recht kurze Innovationszyklen haben, während gute Teleskope einen ein Leben lang begleiten können. Damit macht es absolut Sinn, Austauschbarkeit sicherzustellen. Ganz davon abgesehen, dass die Verwendung derselben Kamera an unterschiedlichen Brennweiten auch nicht von der Hand zu weisen ist. 

Clear skies
Wolfgang
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Astrokles 1.81
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@kuechlew, vielen Dank für die interessanten Links!
Es ist schon traurig, wieviel Fortschritt nur durch wirtschaftliche Überlegungen verhindert wird...
Edited ...
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AstroPot 0.90
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Interessante Frage und hammermäßige Antworten dazu!
Das hat mir gerade auch ein paar Erkenntnisse eingebracht.
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